Transition und Balance
- S.

- 29. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Okt.
Die letzten Wochen- eigentlich die letzten Monate waren bei mir erfüllt von vielen größeren Herausforderungen & Veränderungen.
Im Außen durch Lebensumstände, neue Job- & Weiterbildungsangebote und im Inneren durch das Loslassen von Beziehungen & Denkweisen oder auch Konfrontation mit körperlichen Strapazen. Auf einmal befand ich mich in einem luftleeren Raum des Übergangs, der Transition-der mich genauso bedrückt hat wie die schwüle Sommerluft.
Diesen Raum kann ich nur als ein Zerren zwischen "Weg von " und "Hin zu..." beschreiben.
In meinem beruflichen und privaten Umfeld erlebten viele andersgestaltete aber ähnlich große Herausforderungen wie ich.
Trotz der Tatsache, dass viele den Sommer weit mehr zu schätzen wissen als ich, war eine unruhige Stimmung wahrnehmbar.
Gespannte Nerven, erschöpfte Gesichter und lähmende Gespräche.
In solchen Zeiten muss ich mir immer bewusst in Erinnerung rufen im Hier & Jetzt zu bleiben.
Ja, es ist so leicht und verlockend die gedanklichen Gewitterwolken gefüllt mit "Was wäre wenn..? Alles ist...! Immer passiert...!" zu meinem vollständigen Erleben zu machen.
Doch das macht die Zeit der Herausforderungen und der Transition schwerer.
Deshalb bleibt die Frage relevant:
Was kann ich jetzt tun? Was brauche ich genau jetzt? Wie erleichtere ich mich und versorge mich gleichzeitig?
Mein Weg mit Transitionen umzugehen, liegt darin Momente der Verbundenheit zu finden, die mich mit Dankbarkeit und Achtsamkeit erfüllen. Damit ich mich nicht festgesteckt fühle und auch nicht so, als würde das Leben an mir vorbeirauschen.
Der Aspekt der Dankbarkeit und der liebevollen Güte mir und meiner Umwelt gegenüber, ist das, was mich dann trägt:
Es der Moment, wie das Licht durch die Wolken bricht; wie Pflanzen sich ihren Weg durch Asphalt oder Steine kämpfen oder auch zu reflektieren, was alles nötig war, damit ich Essen auf dem Tisch habe oder mich darauf zu freuen, wie mein Tee gleich schmecken wird.
Diese kleinen Momente sind wichtig und gleichzeitig schnell zu übersehen, schnell vorbei und auch herausfordernd. Denn der Raum zwischen den dankbarkeits-erfüllten Momenten oder der Ruhe, sind für mich mit dem Wissen um die Veränderung gefüllt.
Damit meine ich, zu spüren, dass ich mich in einer bestimmten Weise verhalten möchte wie früher. Bspw. etwas unternehmen oder jemanden schreiben möchte, der*die mich vielleicht vorrübergehend ablenkt ("Weg von")- nur um dann festzustellen, dass ich diese Verhaltensweise für mich und all meine Anteile ändern möchte. Das ich eigentlich langsam, sanft, bewusst bei mir sein möchte ("Hin zu").
- Das sind reale und unangenehme Wachstumsschmerzen.
Es braucht dann diese Momente der Verbundenheit. Diese finde ich im Kontakt mit mir und anderen- bspw. durch Rituale.
Ich habe mal gehört Rituale sind in ihrer Grundform nichts anderes als Routinen addiert mit Bedeutung. Ich würde diese Gleichung noch mit Intention befüllen.
Routine + Bedeutung+ Intention = Ritual
Das schöne and dieser Defintion ist, dass es nicht religiös oder spirituell aufgeladen sein muss. Rituale in Gruppen oder auch für mich ganz privat können ganz unterschiedlich gestaltet und erlebt werden.
Meine Frage an dich:
Was in deinem Alltag hat einen rituellen Charakter?
Möchtest du das noch mehr auskosten?
Wie kannst du bedeutungsvolle Routinen bewusster erleben?
Rituellen Kontakt finde ich auch in der Natur. Bspw. im bewussten Verbinden mit Ereignissen wie der Mondfinsternis (7 September), der Sonnenfinsternis (21 September), Herbst- Nacht-und-Tag-Gleiche (22 September). Hier kommt die Intention für ein Ritual bereits davor. Ich mache mir gerne bewusst, dass gerade im Universum eine Veränderung, ein besonderer Transitionsmoment geschieht und schaue, was sich mir zeigt.
Die Natur als Lehrmeister*in.
Bei der vergangenen Herbst-Nacht-und-Tag-Gleiche kam mir auf einmal der Gedanke, dass meine Standards an meine Innere Balance erstaunlich hoch sind.
Mein unbewusster Standard an mich war: Balance muss viel häufiger erleb- und spürbar in meinem Alltag sein.
Klar, laut den andauernden Motivations- und Achtsamkeitssprüchen auf Social Media Feeds, welche die früheren Wandtattoos und Kalendersprüche ersetzt zu scheinen haben, ist Balance ganz einfach, immer abrufbar. Noch ein To Do auf der langen "Self-Care" Liste.
Etwas was ich logisch betrachtet verstehen kann, aber im Alltagsstress oder auch im bloßen Erleben des derzeitigen Weltgeschehens eine ganz andere Schwierigkeitsdimension annehmen kann.
Die Herbst-Nacht-und-Tag-Gleiche verdeutlichte mir, dass mein Anspruch und Standards an Balance viel höher ist, als es in der freien Natur vorkommt.
(Randbemerkung: Natürlich hat die Natur per se keine Standards.)
Ein (!) Tag einmal im halben Jahr, an dem Tag und Nacht gleich lang sind. Ein Tag, an dem alle Anteile gleich viel Zeit bekommen: Licht & Dunkelheit in der Balance.
Natürlich könnte man sagen, dass die Natur immer in Balance ist; dass es immer Ebbe und Flut, Tag & Nacht gibt. Dementsprechend alles in der Natur seine festgeschriebenen und teils vorhersagbaren Regeln hat.
Und doch ist nicht jeden Tag "Herbst-Nacht-und-Tag-Gleiche".
Diese Balance ist kurz und kostbar für mich.
Übertragen auf mein Leben hat mir dieser Gedanke eine Erleichterung und liebevolle Selbstfreundlichkeit geschenkt.
Balance ist auch in der Natur ein kurz erlebbarer bzw. kurz beobachtbarer Moment.
Es braucht in der Natur den Wechsel, die Veränderung, Transition.
Das Langsame & Schnelle, das Innehalten & Aufbrechen, den Zerfall & den Wachstum.
Für die eine Person sind die Winterkälte und Dunkelheit unerträglich, für Andere* die Sommerhitze und der ewig wolkenlose Himmel.
Ich mochte immer den Herbst. So wie manche vielleicht zum Frühjahr stehen, hatte ich immer eine wohlgesonnene Haltung gegenüber dem Herbst.
Er bedeutete für mich bittersüßer Zerfall & Neuanfang: Erlösung von der Sommerhitze, frische Winde, bunte Farben, gemütlichere Kleidung, mehr Zeit für Tee und Rückzug. Gerade deshalb sind es die Jahreszeiten wie Sommer oder Winter, die mich lähmen. Das Ausharren in den gleichen Bedingungen fällt mir schwerer, als sich in den vielen konstant erlebbaren Veränderungen gefüllt mit kleinen Dankbarkeitsgeschenken zu begeben, die der Herbst (oder auch der Frühling) in sich bergen.
Insbesondere Frühjahr und Herbst erinnern mich daran Schönheit in Veränderung zu finden, sodass ich dem Fluss des Lebens einfacher folgen kann.
Die Jahreszeiten, Sommer und Winter, hingegen fühlten sich oft so an wie Steine in den Fluss zu werfen, sich auf diese zu setzen und sehnsüchtig in die Ferne zu gucken. Bewegungs- und tatenlos auf das zu schauen, was kommen wird. Für mich ist es wichtig diese Herausforderung im Transitionsprozess zu erkennen:
Konstante schnelllebige Veränderung (bspw. der Herbst) lässt mich Schönheit in Veränderung erkennen und Übergangsphasen (Sommer und Winter) in ihrer Gänze & Langsamkeit fordern die zuversichtlichte, hoffnungsvolle Seite heraus. Bei letzterem ist die Veränderung einfach nicht sofort erkennbar oder gar unangenehm.
Entweder durch Fluchtgedanken wie "Es darf nicht so statisch sein" oder dem Ersehnen "Ich möchte bereits drei Schritte weiter sein". In jedem Fall sind es die Symptome von Nicht-Annehmen, was ist (Widerstand)- "Präsenz-losigkeit"; das Fehlen von Gegenwärtigkeit.
Es ist die Langsamkeit durch den Übergang mit all dem was sich zeigt, die mir Schwierigkeiten und die besonders lehrreichen, tiefgründigen Momente schenkt.
Lehrreich sind diese statischen Zeiten, weil sie mich einladen Langsamkeit als Geschenk zu betrachten und Veränderung auch mit den unangenehmen Anteilen zu wertschätzen. Damit meine ich das schmerzliche Bewusstsein von "So wie es ist, möchte ich es nicht mehr oder funktioniert es nicht mehr oder existiert es nicht mehr" und der gleichzeitigen Erkenntnis "So wie ich es will, existiert es noch nicht; funktioniert es noch nicht!"
Ein luftleerer Raum. In der Schwebe. Im Widerstand & ohne Balance.
Wenn ich an Balance denke, kommt mir, dass zwei Anteile von etwas gleich viel Wert haben; sich nicht bekämpfen, sondern gleichzeitig sein dürfen.
Mir kommen Worte wie Ausgeglichenheit & Gleichwertigkeit.
Doch wenn Balance und Ausgeglichenheit nicht zugänglich sind, braucht es Akzeptanz.
Akzeptanz für Veränderung.
Akzeptanz dafür, dass Balance ein ständiger Akt des Sich-Neu-Ausrichtens ist.
Akzeptanz dafür, dass alte Verhaltens-, Denkweisen nicht mehr richtig passen und neue sich noch unbekannt, fremd und etwas beängstigend anfühlen
Akzeptanz dafür, dass nichts vorhersehbar, kontrollierbar ist.
Akzeptanz dafür, dass ich in Transitionsphasen, aus dem Gleichgewicht gerate, um es dann neu zu finden.
Akzeptanz dafür, dass diese unangenehmen Wachtsumsschmerzen Teil von dem Weg sind.
Akzeptanz dafür, dass Vorfreude und Widerstand in diesen Phasen gleichzeitig lebendig sind in mir.
Veränderung ist die Konstante, die ich annehmen und mit all ihren Facetten akzeptieren möchte.
Balance ist nicht allgegenwärtig, doch wenn sie da ist, möchte ich sie erleben, spüren, ihr danken, um dann gelassener und zuversichtlicher in den Balanceakt namens "Leben" einzutauchen.
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